Kreuzfahrten erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Doch: Segler nehmen das Schiff ein paar Nummern kleiner und statt Schornstein und Schweröl weiße Segel – und reisen „all inclusive“! Das „all inclusive“ allerdings in ganz anderen Dimensionen als auf den Kreuzfahrtschiffen, die mit non-stop Verpflegung rund um die Uhr, Erlebnis- und Entspannungsanimation auf großzügig gestalteten Decks, Theater- und Konzertangeboten das Flair schwimmender Luxushotels bieten. „All inclusive“ heißt beim Segeln Natur pur in allen Facetten rund um die Uhr zu erleben und zu bestaunen, aber vor allen Dingen Natur zu respektieren und mit ihr zu leben. Wind und Wetter bestimmen vorrangig Ziele und Planung.
Vom Bostalsee auf die Meere und Ozeane der Welt – saarländische Segler kennen keine Grenzen, wenn es um ihre Leidenschaft des Segelns geht. Sie suchen die sportliche Herausforderung mehrtägiger Hochsee-Regatten, beweisen gute Seemannschaft bei größeren Überführungen oder machen ganz einfach Urlaub und genießen einzigartige Naturerlebnisse. Claus-Michael Lehr vom SC Nordsaar, Fahrtensegelobmann des LVSS hatte eingeladen zum Törnabend: Ein Abend voller Fernweh, Segelspaß, Abenteuer, Gefahrenmomenten, Naturschauspielen, Kulturhistorie, Land & Leuten, aber auch Entspannung unter weißen Segeln.
Claus-Michael Lehr machte den Anfang: 12m-Yacht statt Jolle – die Regatta „Cinque Fari“! Ein Regatta-Erlebnis ganz anderer Art hatten drei Jungs, die sonst im Laser/29er Regatten fahren, auf der SOFFIO mit dem Skipper Claus-Michael. Keine ausgelegten Tonnen galt es in mehreren Läufen zu runden, sondern fünf Leuchttürme vor der Küste Siziliens von Palermo aus nonstop mit durchsegelter Nacht (siehe Seglerzeitung 9/2018) Mit Bildern und Videos zeigte Claus-Michael das Sportliche und Anstrengende des Regattasegelns, aber auch die stimmungsvollen Momente mit Sonnenauf- und -untergang. Als beste ausländische Crew konnten die Jungs in Palermo feiern.
Mit dem „Siggy’s Cup“ machte Rolf Peter Rolles (SCNS) Lust auf Segeln in Kroatien. Der Cup ist ein Firmenrace, komplett durchorganisiert vom Flug bis Schiffscharter, an dem Skipper aus ganz Europa teilnehmen. Manche Firmen nutzen die Regatta als Maßnahme zum Teambuilding. Rolf bestritt mit seiner Mannschaft vom Hôpital Kirchberg/Luxembourg jeweils zwei Läufe pro Tag auf einer Bavaria 46. Von Murter aus gings in die Kornaten, die mit ihrer Inselwelt hervorragende „Bahnmarken“ bieten. „Friendly racing and relaxed cruising in Croatia“ hatte Rolf seinen Vortrag genannt – die Bilder sprachen für sich! Interessant die Tracking Animationen der Regatta. Und der Cup? Den konnten Rolf und seine Crew auf Platz 1 in ihrer Startergruppe mit nach Hause nehmen.
Kein Wettbewerb, sondern Segeln einfach „so“: Davon berichtete Martin Beier (SCNS). Angefangen hatte er mit kleinen Schiffen mit Freunden im Grevellinger Meer in Holland, bevor sie mit größeren Bavarias im Ijsselmeer Spaß und Entspannung beim Segeln fanden. „Land & Leute“ kennenlernen hat bei seinen Törns einen festen Platz in der Planung. So erzählen seine Fotos nicht nur vom Schiff und dem Segeln, sondern von Menschen in den Häfen, in den Städten und bei ihren Festen. Martin: „In lebhaftester Erinnerung bleiben allerdings die Aktionen, wo es mit dem Schiff nicht so läuft wie es soll.“ Was anschaulich mit Foto demonstriert wird! Für ihn ein Muss: Die gute Harmonie in der Crew! Tagesplanung und Wahl der Biersorten werden unbedingt gemeinsam besprochen. Ahoi =)
Einen ganzen Abend allein könnte Familie Müller (SC Saar) mit Berichten von ihrem Segel-Sabbatical gestalten. Die erste Segelauszeit über fünf Monate nahmen sie 2017 (siehe Seglerzeitung 3/2018). Spätestens jetzt kam beim letzten Zuhörer das Fernweh auf: Auch 2018 brachen Ulrike und Sven mit den Söhnen Lukas und Jakob auf, um diesmal fünf Monate in griechischen Gewässern zu cruisen, in malerischen Häfen anzulegen und Kulturhistorisches zu besichtigen. Von den Ionischen Inseln aus ging es an der Westküste der Pelepones entlang, um Kap Malea herum Richtung Kykladen, Kreta, Dodekanes, Saronischer Golf, durch den Golf von Korinth zurück zu den Ionischen Inseln – insgesamt ca. 1700sm. Viele wichtige und sinnvolle Tipps konnte Ulrike in ihrem Vortrag geben, begleitet von Bildern der wunderbaren griechischen Inselwelt. „Segelt auch mal abgelegene Reviere an!“ so ihr Rat für einen gelungenen Törn.
Den Stoff für eine Abenteuerverfilmung lieferte Felix Lehr (SCNS) mit „Hand gegen Koje“. Er heuerte auf eine Anzeige hin als Segel-Hiker bei einem „erfahrenen“ Hochsee-Segler an. Felix (25), der schon von Kindesbeinen an mit der Familie durch die Gewässer Europas schipperte, traf auf einen Skipper, dessen Segel“kompetenz“ eher geprägt war von Risikofreude, Unbekümmertheit und vielleicht noch Gottvertrauen als von Umsicht und Weitsicht. Das Schiff war am Startpunkt Malta in desolatem Zustand und konnte erst nach zwei Wochen schleifen, spachteln, streichen und der Reduzierung des Chaos an Bord ablegen. Felix überdachte die Situation ernsthaft, ließ sich schlussendlich zusammen mit einem zweiten Boot-Hiker auf das Abenteuer ein. Seine Schilderungen über haarsträubende Manöver, unhaltbare Situation an Bord und nachvollziehbare, konkrete Gefahrenmomente kommentierte Felix meist mit: „Na ja, war aufregend und spannend!“ Sowas ist eben jugendliche Leichtigkeit. Bis Gran Canaria hielt er es aus, ehe er sich wie sein Co-Hiker schon bereits vorher, vom „Fluch des Boot-Hiking“ verabschiedete.
Nach so viel Aufregendem konnten sich die Zuhörer entspannen beim Vortrag von Werner Knerr (SCNS): „Unterwegs durch die Liparischen Inseln“ Bei eher schwachem Wind war die Crew mit der SOFFIO neun Tage lang unterwegs und legte 231sm zurück. Segelurlaub pur!
Bye-bye Mittelmeer, hallo Kanada: Segeltörn von Vancouver aus – präsentiert in einem wunderbaren Video von Christian Wirth. Bereits im Juli 2017 begann die Vorplanung, ehe die Crew mit einer Bavaria 50 von Mitte Juli bis Anfang August das grandiose, aber zum Teil anspruchsvolle Segelrevier des Desolation Sound und der Strait of Georgia erobern konnte. Beobachtung von Seeadler und Bären, Treffen auf Wale, Orcas, Robben, Otter und Lachse sind einige der im Video festgehaltenen Urlaubshighlights. Natur pur – festgehalten in stimmungsvollen Aufnahmen der Fjordlandschaft.
Zum Schluss des Abends schwappte erneut das Mittelmeer auf der Leinwand – nein: Es tobte, blitzte und donnerte! Beim „Rolex Middle Sea Race“ geht es von Malta nach Malta rund um Sizilien. Am Start die SOFFIO mit Claus-Michael, Ehefrau Christine und Sohn Felix als Teil der Crew. Ergebnis nach fünf Tagen und 11,5 Stunden bei jeder Art von Wetter auf See: 753sm insgesamt, umgerechnet 137sm/24h, durchschnittliche Geschwindigkeit 5,7kn, Höchstgeschwindigkeit 14kn. Von 86 gestarteten Booten der Gruppe erreichten nur 64 ins Ziel – die SOFFIO war dabei. Hervorragend der Zusammenschnitt von Claus-Michaels Videosequenzen.
Resümee mit Blick in das Publikum: Für den Törnabend im nächsten Jahr brauchen wir garantiert einen größeren Raum….!
Anne Nehrenberg / Presse LVSS